SKULPTUREN-KABINETT
Kabinett für zeitgenössische Bildhauerei

Anne Haring

"Mit selten gewordenem künstlerischem Ernst und einem Bewußtsein von Verantwortlichkeit stellt sich die Bildhauerin Anne Haring den Anforderungen der Kunst, vor allem der Skulptur: Ausdruck der Zeit zu sein! (....) Der Mittelpunkt und das Maß ihrer plastischen Arbeit ist der Mensch und seine komplexen Lebensumstände von der Geburt zum Tod, mit Bezügen zum engeren ihn umgebenden Raum - der konkreten Behausung einerseits und andererseits seines Gefangenseins im nicht sichtbaren Raum seiner psychologischen Existenz - und zur unbegrenzten Weite des Landschaftlichen.

(.....) In Pinnow, mitten in der Uckermarck, eine Stunde von Berlin entfernt, besitzt Lutz Dölle ein altes Gemäuer mit Freilichtatelier und der Möglichkeit zum Gießen. Hier machte Anne Haring eigene Erfahrungen mit dem Gußvorgang, der unter guten äußeren Bedingungen und der Möglichkeit des gemeinsamen "offenen Arbeitens" nicht allein technisch-handwerkliches Vehikel zur Herstellung einer Bronzeplastik ist, sondern unabdingbar - auch im Ergebnis - zum künstlerischen Arbeitsprozeß und zur fertigen Plastik gehört. ( ........)

'Mit Lutz Dölle' so berichtet Anne Haring,'entwickelte sich ein Arbeiten, indem er mir den Bronzegeuß unmmittelbar über das Fließen (das Fließen des Wachses so wie das der Bronze) nahe brachte, daß ich endlich frei und befreit mit dem Arbeitsprozeß umgehen konnte. Das führte dazu, daß alle Arbeitsprozesse gleich wichtig wurden. So kam es zu Arbeiten, die, schon in Wachs geformt mit allen technischen Notwendigkeiten für die Idee eines energetischen Entstehens, wie in einem Blutkreislauf ungehemmt auf die figurativen Formen Einfluß nahmen. Beim Herausnehmen des ersten Gusses aus dem Gipsmantel erlebte ich, was es für mich bedeuten könnte, Kleinplastiken machen zu können, die ihren gegenständlichen Charakter allein schon dadurch haben, daß ich sie in meinen Händen drehen un wenden kann, wie ich will. (....)' (....).

Anne Haring ist mit ihrer Arbeit auf neuen künstlerisch-produktiven Wegen, in der sie Naturwissenschaft, Religion und Kunst zu ihrer Sicht auf die Welt verbindet."

Claus K. Netuschil in:
ANNE HARING - Jakob-Felsing-Preis der Darmstädter Volksbank, Katalog 1997, Neuauflage Galerie Netuschil, Darmstadt


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