SKULPTUREN-KABINETT
Kabinett für zeitgenössische Bildhauerei

Dieter Oehm

 

"Oehms plastische Arbeiten stehen in der Tradition klassisch abstrakter Bildwerke. Aufgebaut aus zumeist kubischen Formen bilden die Skulpturen komplexe Gefüge aus materiell definierten Bereichen und frei bleibenden Zonen, die einer eigenen Tektonik gehorchen in ein fragil. ja instabil wirkendes Gleichgewicht gebracht sind. Dies gilt insbesondere für die hochaufragenden Stab- und Flächenfiguren, die nicht nur in ihrem Maß und ihrer vertikalen Ausrichtung, sondern auch in ihrer Ponderation, in der Verteilung von Massen und Volumina auf die meschliche Figur bezogen scheinen. Konzipiert als freistehende Holzplastiken im offenen Raum der Landschaft oder der Stadt integrieren sie sich in ihr natürliches Umfeld und sind doch gleichzeitig durch ihre farbige Fassung als Kunstprodukte im engeren Sinne herausgelöst. Ein Spannungsverhältnis, das sich nicht zuletzt auch innerhalb der einzelnen Skulpturen angesprochen findet. Denn Oehm arbeitet die additiv zusammengesetzt scheinenden Formen subtraktiv aus einem Block heraus, wobei er die Möglichkeiten des natürlichen Materials bis an seine Grenzen auslotet. Eine fragile Balance, eine innere Spannung kennzeichnet so die einzelnen Arbeiten, die sich als werkimmanente Energie direkt dem Betrachter vermittelt. (.....)

Mit den 1996 entstandenen'"punti essentiali' formulierte Oehm ein Vokabular an skulpturalen 'Kernstücken', in dem die Dimensionen des Räumlichen und Zeitlichen in eine neue Beziehung zueinander treten. Die insgesamt 23 Holzbozzetti, Vorstufen für die Umsetzung in Bronze und Eisenguß, lassen ein nun verstärkt dynamisch ausgerichtetes Formprinzip erkennen. Durch Verschieben der einzelnen Massen, die auch hier aus einem Block herausgearbeitet sind, durch Verziehen der Volumina, gelingt es Oehm, das Spannungsverhältnis von geschlossener kubischer Form und raumbezogener Komposition zugunsten einer Dynamisierung der gesamten Figur zu steigern und damit auch Fragen der Ponderation und der Proportionalität neu zu stellen. Auch im zweidimensionalen Medium der Zeichnung widmet sich Oehm dem Thema der Visualisierung energetischer Phänomene durch ein grenzgängerisches Ausloten der spezifischen Ausdrucksmöglichkeiten der Gattung. So sind seine Zeichnungen, ..., selten nur als werkabhängige Vorzeichnungen oder Studien zu verstehen, sondern vielmehr als autonome Kunstwerke eines Künstlers, der sich in zwei Gattungen auszudrücken weiß."

Dr. Beate Frosch, Bonn, in DIETER OEHM; Katalog der Galerie Leßmann & Lenser,

Frankfurt / M. 1997


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