SKULPTUREN-KABINETT
Kabinett für zeitgenössische Bildhauerei

Helga Föhl

 

"Torsoform, Flachtorso, Torsolandschaft, Torsowand, Büste, Keilfigur, Gewandfigur, Aufrechte Figur....die bildhauerische Thematik Helga Föhls ist bestimmt von der Figur. "Mein Thema, mein Ausgangspunkt ist der menschliche Körper - und da fast immer der Torso. Mit ihm, durch ihn kann ich am besten das ausdrücken, was mir zu vermitteln wichtig ist: die Situation des menschen in der heutigen zeit der vielfachen Bedrohung jeglicher Art und die daraus resultierende geistige Grundhaltung, wie ich wünsche, daß sie sein sollte: selbstbewußt, positiv, gewappnet, aber nicht aggressiv." ...Das bedeutet, die Figuren mit ihren Öffnungen der Formgestalt und ihren Aufbrüchen der Oberflächenstruktur sind nicht nur Spieglbild der Verletzlichkeit des Menschen in unserer zeit, sondern in der Wappnung und der Selbstbehauptung der Skulptur gleichzeitig Ausdruck einer positiv zukunftsorientierten Haltung. Die verhaltenen Bewegungen der Torsi bekunden eine Form der selbstbewußten Behauptung gegenüber einer Welt, die gekennzeichnet ist von gestischer Hektik und lauter Überdeutlichkeit, und ihre rüstungsähnliche Struktur fordert nicht auf zu aggressiver Gegenreaktion, sondern zu wacher Gewappnetheit als einer bewußten Haltung gegenüber derm Leben. Neben diesen inhaltlichen Anliegen steht die Auseinandersetzung mit formalen bildhauerischen Anliegen, wie beispielsweise der gestalterischen Entwicklung von Raum, der architekturhaften Rhythmisierung von Oberflächen und der zunehmenden Öffnung geschlossener Körpervolumina. Helga Föhls bildhauerische Aussagen stehen so im Schnittpunkt von Figuration und Abstraktion.(.....)

Die bewußte Haltung des Menschen dokumentiert sich in einer Büste, einem Torso oder einer Halbfigur mit einer verhaltenen, oft kaum spürbaren Bewegung. (.....) Eine visuelle Sapnnung wird mir ihnen aufgebaut, die das Moment der inneren Belebung der Figur zur Folge hat. Eine Dynamisierung der körperhaften Erscheinung wird damit angestrebt, die nicht als eine gewaltsame Kraft sich gegen den Betrachter richtet, sondern sich auf die Selbstbehauptung der Formengestalt konzentriert.

Diese Bewegungen sind aber nicht Resultat eines Ideenvorentwurfes der Künstlerin, sie sind nicht die unmittelbare bildhauerische Verwirklichung eines vorgegebenen Entwurfes eines sich bewegenden Körpers, sondern es sind Bewegungen, die Helga Föhl in dern Formen des Materials vorfindet, das sie verwendet. Der Knick eines Winkeleisens, das sie auf dem Schrottplatz findet, gibt eine Bewegungsablauf vor, an dem die Künstlerin die Bewegung des menschlichen Körpers assoziiert. Die Form und der Verlauf des gefundenen Materials, das zur Verwendung kommt, bilden die Basis für den bildnerischen Aufbau der Gestalt.(.....).

Das Gespür für die gestalterischen Möglichkeiten, die die Fundstücke anbieten, bestimmt auch den weiteren körperhaften Aufbau der Plastik und die Erscheinung seiner Oberflächenstruktur.(......) Die Gesamterscheinung der Figur schließt sich so in einem additiven Aneinanderfügen (von gefundenen Teilen mit der ihnen eigenen Formensprache) zu einem körperhaften Figurengesamt. Immer wieder bleiben Spuren des vorgefundenen Materials erhalten und werden zum visuellen Erleben der Skulptur genutzt (....)

Vergleicht man die Bildhauerarbeiten der Jahre zwischen 1980 und 1995 miteinander, so läßt sich bei aller Beharrlichkeit der Thematik, der Materialverwertung und der Arbeitsweise eine reiches und weites Spektrum an Werken beschreiben, das sich als konsequente Entwicklung von der geschlossenen zur offenen Figur ckarakterisieren läßt. (....)"

Hans-Jürgen Buderer: 'Helga Föhl - Im Schnittpunkt zwischen Figuration und Abstraktion'
in: Dieter Brunner, Katalog der Städtischen Museen Heilbronn / Kunsthalle Darmstadt, 1996:
"Helga Föhl - Körperlandschaften. Eisenplastik. Collage. Zeichnung. 1980 - 1995"


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