SKULPTUREN-KABINETT
Kabinett für zeitgenössische Bildhauerei

Wanda Pratschke

"Wanda Pratschke ist Modelleurin par coeur und par force. Sie muß formen und zwar schnell. Ihre Spontaneität hat Methode. Diese äußert sich, wie gerade ihre neueren Arbeiten verdeutlichen, in einer zunehmend bewegteren Durchformung der Materie. Gleichzeitig öffnen sich ihre Gestalten immer mehr dem Raum, indem sie durch ihre Gestik Durchbrüche freigeben. Der Elan, aus dem diese Künstlerin formt, dringt jetzt verstärkt nach außen: in die strukturell gegliederte Oberfläche, Darauf kommt es ihr an. Die Oberfläche soll 'sprechen' und vom inneren Leben der Formen Zeugnis ablegen. (....) Wanda Pratschke überläßt ihre Skulpturen der Gießerei nur bis zum Rohguß. Alles weitere übernimmt sie bis in die sorgfältigste Detailarbeit hinein: Die Patina ist stumpf zu halten, damit sie nicht von der Form ablenkt. Die Figur muß sich vollrund 'erfüllen' bis in die Abrundungen am Untergrund hinein. (....) Man versteht sie besser, wenn man weiß , wie wichtig ihr die Zusammenarbeit mit dem Modell ist. Seine Haltung und Stimmung bilden zusammen die Potentiale der Anschauung, aber auch des Mitfühlens, aus denen heraus sie schöpft. In Verbindung mit ihren meist weiblichen Modellen ereignet sich aber auch ein Stück künstlerischer Anamnese, nämlich das Wiedererkennen dessen, was sie als innere Körpervorstellung längst in sich trug und was nun nach Ausdruck verlangt. (.......) Welche Anteile die Abstraktion bereits 1980, also seit Pratschkes ersten ganz eigenen Figurenfindungen hatte, lehrt z.B. die frühe "Frau im Sessel". Das Thema ... hat Wanda Pratschke wiederholt beschäftigt. Bevorzugt galt dabei ihr Interessse der Bezüglichkeit von Körperform und Sesselform., d.h. dem Verhältnis von Natur und Geometrie, von Asymmetrie der leicht in die Diagonale versetzten Sitzenden und Symmetrie der sie aufnehmende n Sesselschale. (....)Aktdarstellungen ..... geben in ihrer zunehmend bewegteren räumlichen Verspannung und verstärkten Expressivität der Physiognomie zu erkennen, weshalb Wanda Pratschke unter den Begründern der Bildhauerischen Avantgarde dieses Jahrhunderts eher Matisse, Laurens und Picasso den Vorzug gibt. Sie sind die Paten einer Aufrichtigkeit, für die Wanda Pratschke als figurative Künstlerin heute unsere Bewunderung verdient."
Prof Dr. Christa Lichtenstern, Marburg, in
WANDA PRATSCHKE . SKULPTUREN . ZEICHNUNGEN,
Katalog der Produzentengalerie Leinwand-Haus,
Frankfurt / M., 1995


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